E-Renner STORCK e:nario RIVAL

Das e:nario ist schon rein optisch ein tolles Rad. Der Carbonrahmen ist auf Aerodynamik, Komfort, Gewicht und Steifigkeitswerte ausgerichtet.
Man sitzt für ein Rennrad relativ entspannt, das Rad liegt auch bei hoher Geschwindigkeit laufruhig auf dem Asphalt und Gabel und Sattelstütze mildern grobe Unebenheiten. Beeindruckend ist aber das Gewicht. Ein e-Bike um die 13kg ist schon eine Ansage.
Eine solche Qualität hat natürlich ihren Preis, knappe EURO 5000 sind kein Schnäppchen!

Dafür gibt es aber eine elektronische Funkschaltung von SRAM ( RIVAL eTab AXS ), die die Möglichkeit einer integrierten Leistungsmessung ( Powermeter ) bietet. Die Leistung wird dann durch einen eigens entwickelten linksseitigen Kurbelarm einseitig gemessen. Die Schaltung zeigt ein knackiges Feedback am Schalthebel und weiche, direkte und sehr präzise Gangwechsel. Auf schwerere Gänge wechselt man mit dem rechten, auf leichtere mit dem linken Schalthebel. Bedient man beide gleichzeitig, wechselt die Kette auf das optional erhältliche 2. Kettenblatt.
Die Akkus der elektronischen Schaltung sollen für ca. 1000km oder für mehr als 60 Stunden Fahrzeit reichen. Erst dann müssen sie wieder aufgeladen werden.
Der Rahmen ist auf „Aerodynamik“ ausgelegt, auffällig bei der Gestaltung des voluminösen Unterrohrs, in dem der Fazua-Antrieb sitzt, und der ausgeklügelten, ergonomischen Form des Lenkers und der Sattelstütze. Bei der Sattelstütze wurde sogar die Klemmschraube „bündig“ im Oberrohr eingearbeitet. Diese „Race“-Auslegung wird auch an den Laufrädern deutlich: Die DT Swiss P 1800 SPLINE Räder sind mit leicht laufenden Keramiklagern ausgestattet. Dazu gibt es Schwalbe E-ONE-Reifen ( 28“x 25mm ).

Unser Testrad ist mit einem Kettenblatt ( 44 Zähne ) und hinten einer 12-fach Kassette (10-30) ausgestattet, insgesamt eine recht „sportliche“ Ausrichtung.
Es gibt aber auch die Version mit 2 Kettenblättern, die 12-Fach Kassette auch mit 10-36 Zähnen. Hinzu kommt, dass die RIVAL auch voll kompatibel mit den 12-fach Kassetten der SRAM FORCE und RED ( 10-28, 10-36 ) ist. Dadurch ergeben sich viele Übersetzungsmöglichkeiten. Ausgestattet mit der „e-Tap-AXS-Technologie“ lässt sich das Schaltverhalten auch noch per App individuell auf die Bedürfnisse anpassen.
Die SRAM-Scheibenbremsen lassen sich sehr fein dosiert aber auch zupackend einsetzen.

E-Renner? Bei einem solchen Carbonrenner ist die Ausstattung mit einem Elektromotor immer sehr zwiespältig, denn man ist fast immer schneller als mit 25kmh, die der Motor unterstützt, unterwegs. Und den wirklich knackigen Anstiegen, für die man vielleicht die Motorunterstützung einsetzt, könnte man mit einer etwas anderen Übersetzungswahl leicht den Schrecken nehmen. so schleppt immer die ca. 3,5kg – so viel wiegt die Antriebs-/Akkueinheit von Fazua – mit, braucht sie eigentlich nicht. Andererseits ist der Motor bei langen und oder steilen Anstiegen schon eine wirksame Hilfe.
Das Konzept dieses Rades hat mich trotz dieser Zweifel begeistert. Für mich könnte Storck allerdings gut das e:nario etwas modifizieren und aus dem reinen Straßenrenner ein Gravelbike und /oder Reiserad machen. Bei diesen Verwendungen hat der E-Motor einen anderen Stellenwert, denn im Gelände benötigt man die hohe Intensität/ Motorhilfe bergauf, muss auf flachen Passagen nicht unbedingt Rekorde brechen und rollt einfach bergab; und beim sportlichen Reiserad ist die Schubhilfe durch einen Motor vielfältig hilfreich. Der Fazua-Antrieb bietet drei Unterstützungsstufen, die durch unterschiedliche Farben –blau, grün und rot-angezeigt werden. Wem die Werkseinstellung nicht reicht, kann die Modi-Einstellung entweder durch Eingabe von persönlichen Infos ( Körpergröße, Fitnesslevel oder Einsatzzweck/ Fahrstils ) anpassen. Oder aber man ändert per App die einzelnen Unterstützungsstufen. Fazua bietet in der App auch eine Profilauswahl, aus der man wählen kann. Die Akkukapazität von „nur“ 250Wh scheint auf den ersten Blick gering, reicht aber in der Praxis völlig aus, denn man fährt die meiste Zeit ohne oder nur mit geringer Unterstützung. Strecken von ca. 100km sind daher durchaus drin. Der Motor unterstützt mit bis zu 60Nm, steile Anstiege mit Gepäck sind daher kein Problem. Der Akku und der Motor bilden eine Einheit (3,2kg ), lassen sich problemlos aus dem Unterrohr nehmen. Im Rahmen bleibt nur ein Winkelgetriebe, das die Kraft des Antriebs auf die Tretlagerwelle bringt. Das Besondere am Fazua-System ist aber das Planetengetriebe in der Antriebseinheit, das den Motor oberhalb von 25kmh unmerklich und komplett vom Tretlager entkoppelt. Der Fazua-Antrieb ist oberhalb des Regelbetriebs praktisch widerstandsfrei.

Nicht gefallen hat mir die Bedieneinheit auf dem Unterrohr, denn die Handhabung ist etwas „pfriemelig“. Hinzu kommt, dass bei Sonneneinstrahlung die Farbskala der Unterstützungsstufen nicht erkennbar ist.
Fazua bietet hier auch mit der FAZUA RIDE 50 REMOTE BX mittlerweile eine Bedieneinheit für die Lenkermontage an.

Insgesamt bin ich aber vom e:nario begeistert, es fährt sich so, wie es aussieht, egal, ob mit oder ohne Motor. Das i-Tüpfelchen wäre aber eine etwas modifizierte Ausstattung: 2 Kettenblätter und ein etwas bergtauglicheres Ritzelpaket. Und natürlich breitere Reifen, denn die Gabel und der Rahmen erlauben durchaus breitere Reifen ( 44mm? ). Und die dann auch in der tubeless-Version, um im Gelände mit weniger Reifendruck zu fahren und trotzdem keine Angst vorm „Platten„ haben zu müssen.
Das wäre dann ein tolles Gravelbike für das Bezwingen anspruchvoller Offroad-Pisten. Aber auch das ideale Rad für Touren, denn Gepäckteile lassen sich per Klettverschluss auch ohne die üblichen Ösen am Rahmen, Lenker oder an der Sattelstütze befestigen.