Stand-Up-Paddeln

Das knallrote Gummiboot hat ausgedient, heute geht man mit dem SUP-Board zum Strand oder auf dem Baggersee- Stehpaddeln ist der neue Volkssport.

Eigentlich ist es völlig egal, ob polynesische Fischer oder Surflegenden auf Hawaii zuerst auf die Idee gekommen sind, stehend zu paddeln; was vor über 20 Jahren als „Spinnerei“ belächelt wurde, hat sich mittlerweile zu einer anerkannten Sportart entwickelt. Sogar in Deutschland – eigentlich ja nicht als „Surfernation“ bekannt- streiten sich mittlerweile drei Fachverbände um das Austragen von Wettbewerben, denn Geld aus der Werbung macht diese noch junge Sportart für Funktionäre interessant und weckt Begehrlichkeiten.Foto 6

Der Boom wurde vor 3 -4 Jahren dadurch ausgelöst, dass erste Firmen aufblasbare SUP-Boards vorstellten. Die bis dahin bekannten unhandlichen und schweren Kunststoff-Boards erinnerten eher an die Windsurfbretter von früher – über drei Meter lang, ca.16/18 kg schwer. Diese Bretter waren eher etwas für Verleihstationen oder für Leute mit Seegrundstück – Transport oder Lagerung waren ein Problem. Die Inflatables lassen sich dagegen problemlos FullSizeRenderüberallhin mitnehmen, denn das aufgerollte „Brett“, Paddel und Pumpe, alles passt in einen handlichen Rucksack. Das Board wird mit Hilfe einer leistungsfähigen Pumpe auf bis zu 1,5/ 2 bar aufgepumpt, das teilbare Paddel wird zusammengesteckt – fertig!

Mittlerweile sind alle Spötter, die sie zuerst als Gummiwürste belächelt haben, eines Besseren belehrt, denn Inflatables haben bezüglich der Paddeleigenschaften fast mit den Hartplastikboards gleichgezogen. Ausnahmen sind vielleicht extrem leichte und natürlich teure Carbonbretter für Flachwasserrennen und kleine Wellenbretter für große Wellen.

Das Angebot  an Boards ist unglaublich umfangreich, es gibt Modelle für Flachwasser, für leichtes Wildwasser, kleine und große Wellen. Sogar Windsurfen ist möglich, denn einige Modelle besitzen eine Mastfußaufnahme. Für die meisten Stehpaddler ist ein sog. Allroundboard  (ähnelt dem altbekannten Malibu) ideal, denn mit diesem „Brett“ ist Paddeln auf dem Baggersee, auf dem Fluss oder im Meer bei kleineren Wellen kein Problem.

Alternativ kann man natürlich auch zu einem sog. Touring-Modell greifen. Die Form erinnert eher an ein flaches Boot, diese Modelle besitzen einen spitzen Bug, sind auch meistens etwas länger, sind eher etwas für Flachwasser. Der Aufbau ist fast immer identisch! Die Außenhülle besteht aus einem Doppelwandgewebe mit zusätzlichen seitlichen Verstärkungen. Ein solches wasserfestes Gewebe  ( sog. Tarpaulin-PVC )wird ja auch bei teuren Schlauchbooten eingesetzt. Der Kern, das eigentliche „Board“, in den die Luft mit 1,5 bis zu 2bar gepumpt wird, Foto 5besteht aus einem sog. Drop Stitch Material , das schon seit längerem bei Gymnastik-/Ballettmatten eingesetzt wird. Der eigentliche Boardkorpus soll sich ja nicht bei zunehmendem Luftdruck zu einer Gummiwurst verformen, sondern sich hart und stabil wie ein hartes Plastikboard aufpumpen lassen. Dieses extrem haltbare Material besteht aus tausenden von Drähten/Fäden ( V- förmig angeordnet ), die an beschichtetem Nylon befestigt sind. Diese beiden Garne zu verbinden schafft eine sehr starke und harte Oberfläche, sobald sie unter Druck gesetzt wird. Bei Iflatables der neuen Generation wird dieses Gewebe X-förmig gewebt, dadurch kann man dünnere Gewebeschichten einsetzen, Gewicht sparen und benötigt weniger Druck. Auf das Deck kommt dann noch eine mehr oder weniger fußfreundliche Standfläche, ans Heck kommt die Öse für die Sicherungsleine ( leash ), fertig. Manche Inflatables haben dazu noch auf dem Deck Spannleinen, um kleines Handgepäck zu verzurren.

In den 80-ziger Jahren gab es schon einmal den Versuch, aufblasbare Windsurfbretter zu vermarkten. Das „Board“ ließ sich aber nicht hart genug aufpumpen,  Drop Stitch gabs noch nicht. Man musste eine Standfläche aus Holz mit  Mastfußaufnahme und Schwertkasten in Gummilippen einschieben. Diese Konstruktion verschwand allerdings sehr schnell wieder vom Markt. Einige Inflatables lassen sich  durch seitlich einschiebbare Plastikteile „tunen“. Je nach Einsatzzweck lässt sich so eine mehr oder weniger deutliche Aufbiegung erreichen – für die Welle mehr SCOOP, eine gestreckte Outline für Flachwasser. Es gibt auch Überlegungen, schärfere Plastikkanten seitlich einzuschieben, denn die runden „Gummikanten“ könnte man auf diese Weise fürs Windsurfen und auch Wellenreiten „tunen“, d.h. schärfer konstruieren.

Paddel gibt es mittlerweile wirklich für jeden Geschmack. Das Angebot  reicht vom einfachen Alu-Kunsttoff-Modell bis zu sündhaft teuren Carbonkonstruktionen. Zugegeben, man kann sich natürlich auch ins Boot setzen oder weiterhin auf dem Surfbrett liegen und Wellen anpaddeln. Aber Stehpaddeln ist anders, ist eine Ganzkörperaktion. Man muss das Gleichgewicht halten und setzt, wenn man kräftig und aktiv das Paddel durchzieht,  Bein-, Foto 2Rumpf- und Armmuskulatur ein. Wellen stehend anzupaddeln, bietet natürlich weitere Vorteile: Man steht „über den Dingen“, hat einen guten Überblick, bekommt einfach mehr Wellen und hat, wenn man wie unser französischer Kollege seine gut 100kg einsetzt, immer Vorfahrt!