Skitourentestival in Winterberg am 15. Januar 2017

Tourenbindung und Stiefel auf Aufstieg einstellen, Stöcke länger, Felle aufziehen und dann nach knapp 100 Höhenmetern Aufstieg auf der markierten Route, wieder Tourenbindung und Stiefel auf Abfahrt umstellen, Felle ab und im Rucksack verpacken, Stöcke kürzer, in die Bindung klicken und in wenigen Minuten über die rote Piste oder eine Skiroute wieder zum Startpunkt abfahren und wieder alles auf Aufstieg umstellen … ; auch so kommen Höhenmeter zusammen und zusätzlich zu den Ski wird Funktion/Bedienungsfreundlichkeit  der Bindungen, Felle und Fellbefestigung reichlich getestet.

Im Skigebiet Winterberg im Hochsauerland war endlich wieder eine hervorragende Schneelage und das Aachener Sportgeschäft SportSpezial – Der Spezialist in Aachen für Bergsport, Skisport, Tourenski, Wandern, Klettern, Outdoor, Trekking – konnte endlich mal wieder ein Skitourentestival organisieren; rund 130 Paar Ski mit Tourenbindung + Fellen, Tourenstiefel und Tourenstöcke standen bereit, Bindungen wurden von Service-Mitarbeitern eingestellt, aktuelles Skitour-Equipment  konnte ausführlich getestet werden. Mammut, Black Diamond, Völkl, Salomon, Scott, K2, Lange, Dynastar, Rossignol und Dynafit waren im „Testdorf“ an der Talstation der Poppenberg Seilbahn vertreten. Stiefelanprobe; Skiauswahl, Einstellung der Bindung, alles sehr entspannt und mit qualifizierter Beratung durch Mitarbeiter der Firmen und des Fachgeschäftes SportSpezial. Zusätzlich zu den individuellen Testmöglichkeiten wurden noch Workshops für Skitoureneinsteiger und für den Umgang mit LVS Geräten angeboten – insgesamt eine tolle Veranstaltung, ein sehr gut organisiertes Treffen zum Kennenlernen, Vergleichen und Testen aktueller Skitourenausrüstung.

Ich habe meine eigenen Tourenstiefel benutzt – La Sportiva Spectre – und habe mich auf 4 sehr unterschiedliche Tourenski konzentriert, wobei ich jedes Modell für 3 „Runden“ Aufstieg – Abfahrt benutzt habe:

Scott Cacade 95

Skiaufbau:
Durchgehender – von Spitze bis Ende – Palownia Sandwich Holzkern, Seitenwangen aus Laminat+Paulownia,  3Dimension Sidecut – die vorn und hinten unterschiedliche Taillierung wird durch den nichttaillierten Bereich unter der Bindung unterbrochen, Tail- und Tip-Rocker, Fellbefestigungssystem. Ein besonderes Merkmal sind die vorn 3 x2 und hinten 2x 2 Löcher zur Befestigung der Felle – warum eigentlich 3 mal 2 und 2 mal 2 Löcher? Jeweils 2 Löcher würden ja eigentlich reichen.
Die passenden Fellen können hier ganz einfach eingehängt werden; will man andere Felle  zuschneiden, dann braucht man allerdings die speziellen Haken zum Einhängen, die traditionelle Befestigung mit Haken an den Skienden funktioniert hier nicht, die Ende sind abgerundet und ohne Einkerbung.
Maße:
165 cm Länge, 127/93/115 mm Taillierung, 2460 g Paar;
175 cm, 129/94/117, 2700 g; 185 cm, 131/95/119, 2940 g
UVP: 499,99- €, im Fachhandel wird er Ski teilweise für 300 € angeboten!
Der Ski lässt sich sehr leicht und locker fahren, die Kante führt allerdings nur auf einem sehr kurzen Stück – siehe Bauweise. Er lässt sich dadurch sehr leicht drehen, schwimmt sicherlich in tiefem Schnee auch sehr schön auf; in steilem Gelände, auf hartem Schnee oder Eis und auch bei steilen Querungen fehlt aberdann doch die stabile Führung durch die Kante.
Der Scott Cascade 95 ist für Tagestouren ohne extreme Anforderungen geeignet, hier aber dann mit einem großen Spaßfaktor.
Diese Einordnung „geeignet für Tagestouren ohne extreme Anforderungen“ ist in keiner Weise abwertend gemeint, genau solche modernen Tourenski müssen und werden in der kommenden Saison vermehrt angeboten, die Trendsportart Skitouring kann ja nicht nur aus Skibergsteigern und Hochtouren-Absolventen bestehen. Leichte, preiswerte und einfach zu fahrende Tourenski mit Backcountry – Qualitäten, ausgestattet mit passenden und einfach anzulegenden Fellen und zuverlässiger und leichter Bindung locken immer mehr Skisportler auf die Tour  und das ist gut so!

Scott SuperGuide 88

Skiaufbau:
Durchgehender Palownia Sandwich Holzkern, verstärkt mit Carbon und Kevlar Bändern, elliptische Sandwich-Seitenwangenkonstruktion aus Carbon/Aramid. 3Dimension Sidecut, Tip-Rocker, Fellbefestigungssystem.
Maße:
160 cm Länge, 121/87/110 Taillierung, 2400 g Paar;
168 cm, 123/87/112, 2540 g; 178 cm, 125/88/114, 2680 g; 184 cm, 127/89/116 2880 g.
UVP: 549,95 €, im Fachhandel wird der Ski teilweise für 400 € angeboten!

Ein sehr guter Allround-Tourer; leicht und beweglich beim Aufstieg mit einem gut zu händelnden Fellbefestigungssystem, leicht und unproblematisch zu drehen, gute Kontrolle über die Kante, stabil und laufruhig. Er ist nicht zu breit für kurze kontrollierende Schwünge und nicht zu schmal für tiefen Schnee. Er ist stabil genug für hohes Tempo und trotzdem leicht zu drehen. Ein Ski für alle Gelgenheiten des Tourenskilaufs.
Das Testmodell war mit der Marker Kingpin Bindung ausgerüstet: Sehr leicht beim Einstieg, die Stiefelspitze wird hier sehr zielgenau geführt, leicht mit dem Stock zu bedienende Aufstiegshilfen, leichtes Umstellen auf Abfahrt –  eine tolle Bindung.

Dynastar Mythic Vertical

Skiaufbau:
Cell + Paulownia Sanwichkern + diagonale Carbonfasern, Power Profile – eine spezielle Seitengeometrie, bestehend aus der sog. 5-Punkt-Taillierung: die breitesten Stellen sind gering nach hinten (Spitze) und auch vorn (Ende) verschoben, Tip-Rocker, traditionelle Fellaufnahme mit Endhaken und Bügel über Spitze.
Maße:
162 cm Länge, 118/87/106 Taillierung;
170 cm, 118/87/106, 2000 g Paar, 178 cm, 118/87/106
UVP: 699,95 €, im Fachhandel schon für unter 600 €

Ein super Tourenski – der ultraleichte Ski überzeugt im Aufstieg wie in der Abfahrt; leicht zu bewegen, spielerisch zu drehen, guter Kanteneinsatz und schnelle Reaktionen auf Steuerimpulse und sicherlich auch ein Genuss im Tiefschnee. Ein in Aufbau und Taillierung sehr modernen Ski, der mich voll überzeugt! Den Ski würde ich mir sofort kaufen.
Der Testski in 178 cm Länge war mit der Dynafit Radical ST 2.0 ausgestattet, der neuen Variante der Radical Pinbindung mit neuem Rotations Vorderbacken. Dieser drehbar gelagerte Vorderbacken hat Dynafit dann auch den lang ersehnten TÜV Stempel beschert. Die Bindung ist gewohnt – Dynafit Standard – gut zu bedienen: Leichter und zielsicherer Einstieg, einfaches Umstellen von Aufstieg auf Abfahrt (und umgekehrt), einfaches Ein- und Ausklappen der Aufstiegshilfen per Stock – ein super Bindung, mit knapp 600 g das Stück auch absolut passend zum Leichtski Dynastar Mythic 87.

Dynafit Dhaulagiri

Skiaufbau:
Pappel Paulownia Sandwich Holzkern mit Carbonverstärkung, dualer radius, Tip – Tail – Rocker, wobei der Tip Rocker sehr lang ist, Fellbefestigung mit Endhaken und Dynafit Gummispanner + spezieller Fellaufnahme in der Skispitze.
Maße:
169 cm Länge, 129/98/113 Taillierung, 2620 g Paar;
177 cm, 130/99/114, 2800 g; 183 cm,132/99/116, 3000 g.
UVP: 599,95 €, im Fachhandel z. T. für 450 €

Der Ski ist eher ein Freerider als ein Tourenski – neue Kategorie Freetourer; er ist für seine Maße zwar erstaunlich leicht, aber trotzdem im Aufstieg nicht sehr “handlich“, spätestens bei frischen Spuren oder bei deutlichen  Richtungswechseln/Spitzkehren wird man an die breite Spitze und seine Mittelbreite von ca. 10 cm erinnert. Seine Stärke ist ganz klar die Abfahrt im Neuschnee, ansonsten ist er leicht zu drehen und zu kontrollieren. Die einsetzbare Kante ist allerdings dank Tip– Tail–Rocker relativ kurz und der Ski reagiert auf Steuerimpulse insgesamt etwas „träge“ – in schwierigem Gelänge/in schwierigen Schneeverhältnissen fehlt dann doch vielleicht Wendigkeit + direkte Kantenführung. Ein Freetourer, nicht so sehr als Allround-Tourer geeignet.

Bei diesem Skitourentestival in Winterberg ist in Gesprächen immer mal wieder diskutiert worden, warum nicht auch im Mittelgebirge Skitouren gehen? Jetzt nicht unbedingt die für das Testival vorgesehene Strecke mit 100 Höhenmetern und vielleicht max. 1,5 Kilometern Länge; es gibt ja auch z. B. im Schwarzwald, Harz und  im Hochsauerland Strecken, die mit mehr Höhenmetern und Länge auch interessante Abfahrten eröffnen – wir werden daran arbeiten! Das Skitourengehen ist eine faszinierende Natursportart; das Aufsteigen mit eigener Kraft, das gleichmäßige Gehen/Steigen in der ruhigen Winterlandschaft und dann das Abfahren abseits präparierter Pisten hat natürlich auch im Mittelgebirge seine Reize.