Skistiefel aus dem Backofen – aufbacken, reinschlüpfen und wohlfühlen

Fischer: die zu 100 % auf Ihre Füße angepassten Skischuhe ermöglichen bequeme Skischuhe wie nie zuvor. Mit dem VACUUM FIT Verfahren wird der Skischuh erwärmt und die Schale beim Abkühlen individuell auf die Anatomie Ihrer Füße angepasst. … Absoluter Tragekomfort durch exakte Anpassung an Ihre Fußanatomie; größerer Fahrspaß und mehr Sicherheit durch schnellere Reaktion des Skis, die perfekte Passform ermöglicht eine Ideale Kraftübertragung auf den Ski.

Atomic, Salom und Fischer arbeiten mit einem ähnlichen Verfahren: Die Außenschale wird in einem speziellen „Ofen“ erwärmt, der Innenschuh wird dann in die heiße Schale eingesetzt, der Kunde steigt in den Schuh, die Schnallen werden locker geschlossen und Innenschuh + Schale passen sich während der Abkühlung dem Fuß an. Soweit die Übereinstimmung, im Detail gibt es aber dann doch deutliche Unterschiede bzw. Besonderheiten:

Grafik: Atomic,
Grafiken: Atomic,

Atomic Memory Fit Bootfitting Technologie
Die Schale (ohne Innenschuh, bei den Backland – Modellen bleibt der Innenschuh in der Schale) wird im speziellen Ofen 5 Minuten lang bei 117° erwärmt, wird dann auf eine spezielle Kühlmatte – Memory Fit Cooling Mat – gestellt, der Innenschuh wird eingefügt, der Kunde steigt in den Schuh und die Schnallen werden locker geschlossen, All das macht ein „Fachmann“ mit Handschuhen, die Schale ist richtig heiß, und jetzt heißt es 2 Minuten warten, in leichter Vorlage, ohne die Füße zu bewegen, die Fußform prägt sich (Atomic) in Innenschuh und Schale ein. Atomic: Durch verwendung spezieller Kunststoffzusätze wird der PU-Kunststoff (bei Phase-2-Memory-Fit-Atomicden Alpin-Skischuhen) bzw. Grilamid-Kunststoff (bei den Tourenskischuhen) besonders formbar und dehnfähig; durch den Druck, der durch das Stehen im Skischuh bei leicht geschlossenen Schnallen entsteht, dehnt er sich im Vorfußbereich um bis zu 3 mm pro Seite, im Knöchelbereich sogar bis zu je 5mm pro Seite aus und bleibt danach formstabil.
Nach diesen 2 Minuten wird noch für weitere 5 Minuten eine Kühlpackung – Memory Fit Cooling Pack – um den Stiefel phase-3-memory-fitgewickelt, auch wieder ohne Fußbewegung in leichter Vorlage. Nach also insgesamt 12 Minuten sind dann Schale, Manschette und Innenschuh auf die Fußanatomie abgestimmt, der Stiefel passt.
Atomic bietet seine Redster Pro, Hawx und Hawx Magna und Backland Modelle mit dieser Technik an, das preiswerteste Modell ist der Hawx Ultra 100 bzw. Hawx Ultra 80 W mit 359,99 UVP.

Salomon Full Custom Shell
Bei Salomon ist der Ablauf ähnlich wie bei Atomic; die Schale wird 10 Minuten im speziellen Ofen bei 120 aufgeheizt, der Innenschuh wird eingefügt, der Kunde steigt ein, Schnallen werden locker geschlossen, leichte Vorlage und Füße nicht bewegen; die erste Abkühlphase dauert bei Salomon jetzt 4 Minuten, und dann wird der Stiefel noch 6 Minuten mit einer speziellen Kühlmanschette abgekühlt – nach insgesamt 20 Minuten ist der Stiefel fertig angepasst. Hier ist aber nur die eigentliche Schale und der Spoiler der Manschette thermoanpassbar, die restliche Manschette nicht, bei dem Spoiler können allerdings max. 11 mm herausgeholt werden – Platz für stramme Waden.
Salomon hat die Spitzenmodelle der Qst Pro Serie bis Flex 100 und der X Pro Serie auch bis Flex 100 mit dieser Technik ausgestattet, jeweils auch die entsprechenden Damenmodelle.

Foto: Fischer
Foto: Fischer

Fischer Vacuum Full Fit
Im Vacuum Fit Ofen wird die Schale bei 80° erwärmt, der Kunde zieht den Innenschuh an, steigt in die Schale und auf der VACCUM FIT Station wird die Standposition – leichte Vorlage bie leicht gebeugten Knien, neutrale Oberkörperposition – eingerichtet. ; bei Fischer wird jetzt direkt das Cooling- und Kompressions-Pad um den Stiefel gelegt und bei dosiertem Druck wird der Stiefel abgekühlt. Für eine exakte Anpassung kann in Kombination mit der VACUUM FIT Station und dem neuen Compression Pad der Luftdruck im Knöchel- und im Vorfußbereich unterschiedlich dosiert werden ( 2ZONE VACUUM FIT). Diese Anpassung über

Foto:Fischer
Foto:Fischer

Luftdruck ist die Besonderheit des Fischer Bootfittings; nach insgesamt 20 Minuten ist auch hier der Stiefel angepasst.
Fischer hat aktuell das umfangreichste Angebot an individuell anpassbaren Skischuhen; die meisten Modelle der RC4 und RC Pro Serien sind mit Vacuum Full Fit ausgestattet, dazu noch 2 Modelle der C-Line Serie, das Modell Hybrid 12 und der Ranger 12 – allerdings gibt es auch einige Modelle dieser Serien, die dann „nur“ mit Vakuum CF – Thermoanpassung der eigentlichen Stiefel-Schale (ohne Manschette/Spoiler) – oder Thermoshape – Themoanpassung des unteren Teils des Innenschuhs – ausgestattet sind.

Haed Formfit / Perfect Fit
Bei Head werden Schale mit Innenschuh 12 Minuten im Ofen bei 80° aufgeheitzt, danach in den Schuh steigen, Schnallen schließen und 5 Minuten ruhig abwarten. Fertig ist der angepasste Skischuh! Das Head – Verfahren geht also relativ schnell und einfach, der Innenschuh bleibt während „Backphase“ in der Schale. Allerdings setzt HEad diese Technik zur Zeit noch sehr zurückhaltend ein; angeboten wird sie jeweils bei den 2 Modellen der HAMMER und TRASHER Serien und den 3 Modellen der VECTOT EVO Serie.

 

Ein ganz andere Technologie setzten dagegen Nordica und Tecnica ein; bei beiden liegt er Schwerpunkt des Bootfittings auf der Anpassung des Innenschuhs, die Schale kann dann an diversen Stellen mittels Infrarot erwärmt und gezielt verformt werden.

Nordica Tri-Fit Anpassungssystem mit Custom Cork Liner
Der Innenschuh wird bei 80° 8 Minuten lang erwärmt, mit dem angezogenen warmen Innenschuh steigt man dann in die Schale, die Schnallen werden normal geschlossen und dann beginnt bei leichter Vorlage und geringer Beugung der Knie die 5 minütige Abkühlphase. Bei Nordica ist es ein Kork-Harz-Gemisch, das sich an den Fuß anpasst und diesen dann auf der Piste auch schön warm hält. Der Kork wirkt aufgrund seiner Dichte als Wärmeisolator und bietet eine gute und dauerhafte Kraftübertragung von Schuh auf Ski; anders als herkömmliche Innenschuhmaterialien wie Schaum komprimiert sich der Kork nicht bei Belastung.
Die Schale kann dann bei Bedarf im Fachgeschäft mit Hilfe eines Infrarot Gerätes punktuell erwärmt und z. B. dedehnt werden.
Nodica stattet die SPEEDMACHINE Serie – auch alle Damenmodelle – mit dieser Technik aus.

Foto: Tecnica
Foto: Tecnica

Tecnica C.S.A.
Bei Tecnica wird der Innenschuh mit einer Heizmanschette oder mit Heizstäben ebenfalls innerhalb von 8 Minuten auf 80 Grad erhitzt, wird danach auch hier in die Schale eingefügen, dann in die Schale steigen, Schnallen schließen und 4 Minuten ruhig in „Skistellung“ stehen; das stark vorgeformte Mocrocell Material hat sich jetzt der Fußform angepasst. Zusätzlich kann der Innenschuh dann noch an speziellen Stellen ausgebeult bzw. abgefräst werden und so mit Spezialwerkzeug ganz individuell „getunt“ werden.
Die schon sehr „fußbetonte“ Schale kann dann mit Inftrarot erhitzt und an zentralen Stellen, die durch eine Art „Perforierung“ der Schale gekennzeichnet sind, individuell angepasst werden.
Eingesetzt wird diese Technik bei Tecnica in den MACH1 Modellen 130 bis 110, 105W und 95W und in den Freeride-Stiefeln COCHISE 130 bis 110, 105Wund 95W.

Insgesamt gesehen gibt es also schon eine ganze Reihe von sehr unterschiedlichen Skischuhmodellen, die individuell angepasst werden können; es sind auch nicht alles nur hochsportlichen Steifel im oberen Preissegment, und diese Technik wird sich auch zunehmend bei den Tourenstiefeln ausbreiten – wobei hier durch die hohe Belastung der Innenschuhe und die Technik bzgl. Ski- und Walkmechanismus hier allerdings schwierige Bedingungen für thermoverformbares Material herrschen.
Für den Fachhandel ist diese Entwicklung einerseits eine riesige Chance, denn diese Stiefel kauft sich ja wohl kaum jemand über das Internet, eine gute Beratung und eine fundierte Erfahrung im Umgang mit der Technik sind online nicht zu bekommen, der heimische Backofen kommt hier auch an seine Grenzen. Andererseits ist diese Entwicklung aber auch mit nicht unerheblichen Investitionskosten für den Fachhandel verbunden; für jede Marke einen speziellen Ofen, eventuell noch Kühlmanschette, Mitarbeiterschulung und Arbeitszeit, der Fachhandel steht hier vor schwierigen Entscheidungen.
Für den Skisportler ist diese Entwicklung auf jeden Fall ein gewaltiger Schritt in Richtung Komfort, Sicherheit, Skispaß und auch besseres Skilaufen; der Stiefel passt, nirgendwo eine Druckstelle, die Anpassung kann oft wiederholt werden, der Stiefel reagiert direkt auf Bewegungsimpulse, die Kraftübertragung ist direkt – paradiesische Zustände für die Füße.