Diamir Vipec 12, Version 2016

Die Schweizer Bindungsfirma Diamir Swiss hat ihre Pin-Bindung Vipec 12 – siehe http://www.bergundtal.com/?p=4421 – überarbeitet/weiterentwickelt und somit einerseits auf Kritik/Schwächen des bisherigen Modells reagiert, andererseits ist aber auch mit der sog. Notauslösung eine Erneuerung hinzugekommen, die durchaus ein Pluspunkt in Richtung mehr Sicherheit bedeutet; die Bindung erfüllt jetzt die für alpine Skitouren-Sicherheitsbindungen entwickelte DIN ISO 13992:2007 und hat damit – wie Markers Kingpin, und Dynafits Beast und TLT Radical – das begehrte TÜV Zertifikat. Damit ist die Vipec 12 mit gerade mal 490g/560g mit Stopper die leichteste TÜV zertifizierte Pin-Bindung auf dem Markt.
Die neue Version unterscheidet sich schon mal allein optisch vom Vorläufer, im Unterschied zum schlicht weißen „Prototyp“ ist die aktuelle Version jetzt mit schwarzen Einsätzen – Clips – ausgestattet, die gegen Aufpreis durch farbige Clips ersetzt werden können. Gravierender sind allerdings die technischen Veränderungen/Erneuerungen, die eindeutig über „kosmetische“ Korrekturen hinausgehen:

– Der Schuh wird über Führungshilfen jetzt besser in die Einstiegsposition geführt und der Auslöser (Step-in Bügel) zum Schließen der Bindung wurde verändert, der Einstieg ist jetzt auf jeden Fall einfacher. Hier haben die Schweizer Bindungsbastler auf die häufig geäußerte Kritik reagiert und gute Arbeit geleistet.
– Die Federn für die seitliche Auslösung im Vorderbacken wurden verbessert, die Federn reagieren jetzt direkter, die Stabilität hat deutlich zugenommen. Vor der eigentlichen Auslösung – der Hebel mit dem Pin kippt zur Seite – verfügt die Vipec 12 über eine hohe Elastizität seitwärts: Der Bindungsschlitten gleitet bis max. 13mm nach links oder rechts und zentriert den Stiefel dann wieder bei nachlassender Krafteinwirkung – oder löst aus. Die Seitwärtsauslösung vorn ist per bekannten DIN Werten (sog. Z- Werte) einstellbar.
– Neu ist eine sog. Notauslösung vorn im Walkmodus. Die Pin-Bindungen werden im Aufstieg generell verriegelt, um eine Auslösung z. B. bei Spitzkehren oder hartem Kanteneinsatz bei steilen Querungen zu vermeiden. Die Vipec 12 löst aber auch in diesem Modus durch eine sehr beherzte und ruckartige Außendrehung der hohen Ferse aus – z. B. Im Notfall eines Lawinen- oder Schneebrettabgangs.
– Die Bindung löst vorn auch bei einem Frontalsturz aus, die Stiefelnase drückt dabei den Fronthebel nach unten, die Pinarme öffnen.
– Der sehr stabile und überzeugende Fersenautomat wurde lediglich durch den Einbau einer Kunststoffabdeckung gegen eindringenden Schnee „abgedichtet“, die einfache Verschiebbarkeit nach vorn und hinten (kein Drehen!) und die beiden klappbaren Steighilfen sind unverändert geblieben – weiterhin ganz locker mit dem Stock zu bedienen.

Der hohe Sicherheitsstandard der Bindung stellt natürlich dann auch entsprechende Anforderungen an den Stiefel, Tourenstiefel mit dicker und stark gebogener Profilsohle sind möglicherweise nicht kompatibel, der Knackpunkt ist hier die Sohlenhöhe vorn; mein La Sportiva Spectre – siehe http://www.bergundtal.com/?p=5681 – passt z. B. nicht in die Bindung, die Sohle wird unter dem Ballen auf den Steg der Bindung gedrückt, die hohe Reibung verhindert eine zuverlässige Auslösung der Bindung. Der Salomonstiefel MTN Explorer – siehe http://www.bergundtal.com/?p=5631 – dagegen passt trotz auch stark gebogener Sohle; also auf jeden Fall die Kompatibilität prüfen! Diamir empfiehlt hier einen sog. 4 Punkte Sicherheits-Check:
1 – Inserts müssen mit Sohlenseite „plan“ sein; keine Kanten o. ä., an denen die Pins hängen bleiben können.
2 – Die Sohle darf nicht zu dick sein; ca. 3 mm Luft zwischen Steg des Bindungsvorderteils und Stiefelsohle. Eine auf dem Steg aufliegende Sohle bremst/blockiert die Seitwärtsauslösung des Bindungsvorderteils oder verhindert die Rückstellung der Bindungsplatte. Des weiteren blockiert eine zu dicke Sohle eventuell die Auslösung des Fersenautomats, die Pins müssen bei Vorschieben des Fersenautomates glatt in die Einsparungen gleiten.
3 – Die Skistiefelnase muss den Fronthebel im Skimodus im Falle eines Frontalsturzes nach unten hebeln; passen Einsatz im Hebel und Stiefelnase nicht zusammen, dann funktioniert die Auslösung des Bindungsvorderteils beim Frontalsturz nicht.
4 – Kraftschluss zwischen Inserts und Pins muss „passen“, kein „Spiel“/ tiefer Sitz ; im Walkmechanismus müssen mit hoher Ferse und Stiefel als Hebel die Pins direkt auf Seitwärtsbewegungen reagieren und die Bindungsplatte vorn muss sich durch Seitwärtsdruck nach links und rechts verschieben lassen – eventuell für diesen Test den Z-Wert reduzieren.

Eine Besonderheit ist bei der Einstellung der Bindung unbedingt zu beachten; zur Funktion der Frontauslösung bei Frontalsturz müssen Einsatz im Fronthebel und Skistiefelnase zueinander passen – siehe Punkt 3 des 4 Punkte Sicherheits-Checks. Diese Einsätze gibt es in 3 unterschiedlichen Formen – mit mehr oder weniger starker Auswölbung – und sie lassen sich ganz einfach per Hand auswechseln. Ein nicht zum Schuh passender Einsatz kann auch im Extremfall im steilen Anstieg die Sohle aus der Pinklemmung hebeln! Also auf jeden Fall vergewissern, dass Einsatz und Stiefel zusammen passen.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Wir haben die neue Version der Diamir Vipec 12 im Mai auf dem Gletscher in Kaprun testen können; die Überarbeitung ist uneingeschränkt gelungen: Die Bindung ist etwas anspruchsvoller in Bezug auf Einstellung/Anpassung geworden, andererseits ist sie aber auch zuverlässiger, sicherer und „einstiegsfreundlicher“ als das Vorgängermodell; der 4 Punkte Sicherheits-Check ist auf jeden Fall ein sinnvolles Sicherheitselement, welches zumindest in Punkt 1, 2 und teilweise auch 4 für alle Pin-Bindungen in ureigenem Interesse eines Skitourers zur Vorbereitung einer Skisaison gehören sollte.
Die Vipec 12 ist in ihrer aktuellen Version eine der Top-Bindungen auf dem Markt der leichten Pin-Bindungen mit vollwertigen Sicherheitsfutures, wobei ihr ganz spezielles Merkmal sicherlich der für den Wechsel von Abfahrt auf Aufstieg (und auch umgekehrt) einfach mit Hilfe des Stockes nach hinten bzw. vorn zu verschiebene Fersenautomat ist, einfach zu bedienen und sehr stabil.

Technische Details:
Gewicht: 490 Gramm pro Seite (+70 Gramm für den Skistopper)
Sicherheitsbindung vorn und hinten, jeweils DIN Werte: z = 5 – 12 einstellbar
4 verschiedene Stopperbreiten: 80, 90, 100 und 115 mm
Preis: EUR 479,90 UVP (Stopper 80 / 90 mm) bzw. EUR 489,90 (Stopper 100 / 115 mm)